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Holtestraße nach Kölner Erzbischof benannt

Erst um das Jahr 1860 wurden in Worringen amtliche Straßennamen eingeführt. Vorher trugen die Straßen und Wege Bezeichnungen, die die Ortsbewohner ihnen selbst mehr oder weniger willkürlich gegeben hatten, so z. B. nach Kirchenpatronen und Kleriker, nach Persönlichkeiten der Ortgeschichte, auf Standorte von Gewerben. Vielfach hat der Historismus des 19. Jahrhunderts auch dafür gesorgt, dass bei neu angelegten Straßen und Wegen jahrhundertalte Fakten der Nachwelt erhalten blieben. Worringen weist einen überdurchschnittlichen hohen Anteil an Straßennamen mit präpositionalen Fügungen auf. Es sind zum Teil alte Flurnamen (Am Tekelkamp, An den Kaulen, In der Muckel) oder verortende Benennungen, die auf die topographische Umgebung Bezug nehmen (Am Bergerhof, Zu den Bendengärten).

Im Ort Worringen sind zwei Straßen nach Bischöfen des Erzbistums Köln benannt worden: die Westerburgstraße (ehemals Jakobstraße) nach Siegfried von Westerburg (auch Sigfrid oder Sifrid, * vor 1260, † 7. April 1297 in Bonn), von 1275 bis 1297 Erzbischof des Erzbistums Köln, und die Holtestraße nach Wig(k)bold von Holte. Außer den beiden Straßenbezeichnungen nach Bischöfen beziehen sich weitere sechs Straßennamen auf Schutzpatronen und Kleriker: St.-Tönnis-Straße, Pankratiusstraße, Elkemannstraße, Anton-Tannenbaum-Straße, Rudolf-Schmidt-Weg und Heinrich-Gellissen-Straße.
In „Regesten des Erzstifts Cöln“ wird die Übertragung der Worringer Vogtei des Grafen Gerhard IV. von Jülich nach seinem Tod an den Kölner Erzbischof Arnold I. von Merxheim (1138 bis 1151) auf das Jahr 1143 datiert. Die „Herrlichkeit Worringen“ gehörte danach bis zu den territorialen Neuordnungen in Auswirkung der „Französischen Revolution“ im Jahre 1789 zum Kurfürstentum Köln. Die Religion der Bewohner war bis in den 1930er Jahren vorwiegend katholisch.

  
        
                              

In dem Namen der zu Beginn des 20. Jahrhunderts erschlossenen Holtestraße wird einer der bedeutendsten Kölner Erzbischöfe des Mittelalters geehrt: Wig(k)bold von Holte (+ 26. März 1304 in Soest). Er war von 1294 bis 1297 Probst am Aachener Marienstift und anschließend nach dem Tod von Erzbischof Siegfried von Westerburg bis 1304 Erzbischof von Köln. Wig(k)bold von Holte entstammte einem westfälischen Adelsgeschlecht der Freiherren von Holte mit dem Stammsitz im Osnabrücker Raum (Holter Burg). Als er im Mai 1297 durch das Domkapitel zum Erzbischof von Köln gewählt worden war, galt Wig(k)bold von Holte bereits als „senio confracti“, als Greis. In den weltlichen und geistlichen Wissenschaften hinlänglich unterrichtet, beschäftigte er sich vornehmlich damit, die politischen Schäden infolge der Niederlage seines Vorgängers in der Schlacht bei Worringen im Jahre 1288 auszuwetzen. Zu seiner Zeit wurde weiterhin der gotische Domchor in Köln fertiggestellt.

                                   

Die leicht abknickende Holtestraße verläuft zwischen dem Hackhauser Weg (ehemals Further Weg, Friedhofsweg) und der Hackenbroicher Straße (ehemals Mühlengasse). Der Hackhauser Weg sowie zugeordnete Nebenwege waren bis 1805 nicht bebaut gewesen. Das nachweisbar älteste Gebäude Hackhauser Weg 4 von 1826 wurde später durch einen Neubau ersetzt. Die giebelständigen, 1 ½ geschossigen Gebäude Hackhauser Weg 3 - 11 entstanden 1845. Danach stagnierte jedoch hier die weitere Ortsbebauung. Um neues Bauland erschließen zu können, erwarb die Bürgermeisterei Worringen 1913 Ackergrundstücke um den 1841 eröffneten Friedhof und in der westlichen Feldflur, der späteren Bitterstraße. Allerdings verhinderte der zu Beginn des Ersten Weltkrieges verhängte Baustopp den Baubeginn, nur angefangene Bauten durften zu Ende geführt werden. Erst 1920 regte sich der Gedanke wieder, die um den Friedhof liegenden Grundstücke zu bebauen. In diese Vorbereitungsphase fielen die Verhandlungen der Stadt Köln mit der Bürgermeisterei Worringen über die Eingemeindung. Mit der Eingemeindung am 1. April 1922 wurde die Kompetenz in Bauangelegenheiten, von Einzelfällen abgesehen, an das Kölner Bauamt abgetreten. Im Eingemeindungsvertrag war die Stadt Köln u. a. verpflichtet worden, dass der Ortsteil Worringen eine eigene Apotheke erhält. Der Apotheker Karl Strey eröffnete 1928 am Hackhauser Weg 44 / Ecke Holtestraße die erste „Worringer Apotheke“. Nachfolger von Strey waren Gabriel Helmig und Wolf Reimann. 1958 übernahm Werner Regel die Apotheke, die er zwei Jahre später zur St.-Tönnis-Str. 26 in die Räumlichkeiten der ehemaligen Gaststätte „Möllm“ verlegte.
Im Gebäude Holtestr. 22 befanden sich über Jahrzehnte Läden für Kolonialwaren, Lebensmittel und Feinkost: Helma Späder, Fritz Erken, Josef Stracke. Nach deren Schließung war dort die Geschäftsstelle der Sportgemeinschaft EC / Bayer Köln-Worringen.
           

                                     

Die Königl. Preuss. Landes-Aufnahme von 1893 weist für die Ackerfluren gegenüber dem neuen Friedhof keinen Baubestand aus. Zweifelsohne war dieser Bereich für eine Bebauung geeignet, schon wegen des Vorzuges der höheren Lage, die im Vergleich zum Ortskern weniger hochwassergefährdet war. Die Bebauung des westlichen Ortsrandes von Alt-Worringen setzte erst Ende der 1920er Jahre ein. Auf der rechten Seite der heutigen Holtestraße neben der ehemaligen „Worringer Apotheke“ entstand 1928 mit den Wohngebäuden Holtestr.2-22 ein zusammenhängend 2 ½ geschossiges Gebäudeensemble für den sozialen Wohnungsbau durch die „Gemeinnützige Heimstätten-Baugenossenschaft Köln-Worringen eGmbH“, für den Ort Worringen eine Novität zu dieser Zeit.
Infolge Zusammenschlüsse und Kooperationen u. a.  mit der Wohnungsgenossenschaft „Heimstättengenossenschaft Köln-Worringen eGmbH“ wurde die Kölner Wohnungsgenossenschaft eG Besitzer und Vermieter der Wohnobjekte Holtestr. 39 sowie Holtestr. 6 - 12. Obwohl einige Worringer Bürger den Abriss des ehemaligen Wohnobjektes im Jahr 2015 beklagten, so wird doch überwiegend anerkannt, dass die Architektur des Neubaus eine evidente optische Aufwertung für die Bevölkerung aus Worringen und Umgebung ist.

                   

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge können sich die Anwohner der Holtestraße besonders an die Jahre 1969 und 1970 erinnern. Sie hatten 1969 letztmalig das Privileg, dass die Wagen und Gruppen des Worringer Rosenmontagszuges unmittelbar von der Hackenbroicher Straße kommend - wie viele Jahre zuvor - entlang der Holtestraße zum Hackhauser Weg führten. Im darauffolgenden Jahr sollte sich dies grundlegend ändern. Die Holtestraße wurde im Rahmen einer Generalsanierung umgestaltet und von der Hackenbroicher Straße abgeriegelt. Der neu gestaltete Wendehammer der Holtestraße ließ nun eine direkte Verkehrsanbindung zur Hackenbroicher Straße nicht mehr zu. Diese war lediglich nur noch als Rad- und Gehweg gegeben. Der Zugweg führte ab 1970 daher von der Hackenbroicher Straße über den Grimlinghauser Weg in Richtung St.-Tönnis-Straße. Wehmut wog sich aber darüber hinaus mit Wohlbehagen auf. War die Holtestraße bei Starkregen bislang ein ausgedehnter Wasserpfuhl, so konnte man sie künftig auch bei widrigen Witterungsverhältnissen passieren.  

Literaturquellen
Dagmar Hötzel: „Stadtspuren Denkmäler in Köln-Worringen und Roggendorf-Thenhoven, Siedlungsgeschichte bis 1914“, Köln 2002

https://de.wikipedia.org/wiki/Wigbold_von_Holte
Abbildungsnachweise
Heimatarchiv Worringen e.V.
aus privater Sammlung
https://www.koelner-dom.de/index.php?id=18905


Bericht: Manfred Schmidt
heimatarchiv-worringen.de/August 2018