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Liegenschaft Hackenbroicher Str. 9

 

Die Hackenbroicher Straße ist eine alte nach Hackenbroich führende Landverbindung, die ursprünglich vom Wallgraben „Schmaler Wall“ ausging, der nach der Zuschüttung im Jahr 1909 in den Straßenverlauf einbezogen wurde. Nach dem Bau der mittelalterlichen domkapitularischen Windmühle oberhalb der „Alte Straße“ war die Bezeichnung Mühlengasse oder Mühlenweg gebräuchlich. Der Ausbau setzte nach 1803 / 04 ein. Die Tranchot-Karte von 1807/08 weist lediglich kleine Gebäude vor der Abzweigung „Lievergesberg“ auf. Der heutige historische Baubestand entstand zwischen 1830 und 1914.

                                                                

Die Liegenschaft Hackenbroicher Str. 9 (ehemals Mühlengasse 4) wurde 1868 ursprünglich mit anliegenden Stallungen als sog. Hofanlage erbaut, ein Um- und Ausbau erfolgte um 1875. Besitzer war der Maurermeister Joseph Detmer, ab 1887 auch Besitzer der Worringer Dachziegelei und des Sägewerks (später Peter Künzler) auf dem Gelände des heutigen „Discounters Netto“ an der St.-Tönnis-Straße. Am 12. April 1904 verstarb Joseph Detmer. Seine Ehefrau Margarete, eine geborene Odenthal, übernahm danach die Besitzung. Infolge eines Brandes am 18. / 19. September 1908 mit einhergehender Unterversicherung gingen die Dachziegelei und das Sägewerk in Konkurs. Margarete Detmer wandte sich in ihrer Not an ihren Bruder Anton Odenthal in Leverkusen-Wiesdorf. Dieser gab seiner Schwester einen größeren Geldbetrag. In ihrer Notlage war ihr jedoch nicht bewusst geworden, dass ihr Bruder auf diese Weise nicht nur den Konkurs abwendete, sondern gleichzeitig auch das gesamte Anwesen an der St.-Tönnis-Straße und Mühlengasse als Besitzer übernahm.

                                                                                    

Anton Odenthal verkaufte die Liegenschaft am 16. Januar 1909 an den Lotsen Franz Jansen und seine Ehefrau Agnes Schiefenbusch, die Urgroßeltern der heutigen Besitzerin Margarete Warnke geb. Greis. Die Hofanlage steht unter Denkmalschutz und ist bis heute in Familienbesitz geblieben. Städtebaulich bedeutend ist das Wohnhaus als Bestandteil eines historischen Denkmalensembles mit den Wohnhäusern Hackenbroicher Str. 5, 6 und 12. Es leitet über zu den Wohnhäusern an der Straßenmündung Hackenbroicher Straße / Mühlenweiher und trägt nicht unwesentlich zur Belebung und Charakterisierung der dortigen historischen Platzsituation bei.

                                                                                      


Als die Hofanlage unter Denkmalschutz gestellt wurde, hat das Amt für Denkmalschutz der Stadt Köln dies wie folgt begründet:
„Orts-, siedlungs- und baugeschichtlich bedeutsam ist das sattelgedeckte, zweigeschossige traufständige Wohnhaus mit seitlicher Tordurchfahrt und Stallungen im norddeutschen Backsteinstil als Zeugnis einer, in seiner Ursubstanz bis in die heutige Zeit erhalten gebliebenen dörflichen Struktur Worringens.
Mit seinen drei Fensterachsen weist sich das Gebäude als Typ des für den Kölner Raum charakteristischen Dreifensterhauses aus. Struktur und Gliederung erfährt die Fassade durch Trauf- und Stockwerkgesims, Fenstersohlbänke, flachbögige breitgemauerte Fenster- und Türstürze sowie einen mit Putzquaderung versehenen Haussockel mit vertieftem Hauseingang und vier Werksteinstufen. Auf den Giebelseiten sind Ankersplinte erkennbar.
Das seitlich angrenzende Gebäude wird beherrscht von einer überdachten Torbogendurchfahrt (zweiflüglige Brettertür) mit eingelassener Personentür, Türbeschlag und -klinge. Insgesamt verdeutlicht die Fassade als konstruktiver Teil des alten Hauskerns Proportion, Geschossgliederung und Höhe des Gebäudes.“

                                                                                    

Im Innern des Wohnhauses sind an originalen Ausstattungsteilen noch erhalten:
Farbig ornamentierter Fliesenfußboden im Hausflur, Holztreppe mit gedrechseltem umlaufenden Geländer nebst Antrittspfosten, Wohnungstürabschlüsse und Zimmertüren, teilweise mit seltenen Sichtsprossenfenster, Andachtsnische im Hausflur mit Marienfigur aus dem 19. Jahrhundert.

Auf dem Anwesen Hackenbroicher Str. 9 ist der Kleinbauernbetrieb früherer Jahre noch heute zu erkennen. Wohnhaus, Stall und weitere Anbauten sind gut sichtbar. Es ist eines der letzten Liegenschaften in Worringen, wo sich diese Struktur erhalten hat.

 

Literaturquellen
Dagmar Hötzel: „Stadtspuren Denkmäler in Köln-Worringen und Roggendorf-Thenhoven, Siedlungsgeschichte bis 1914“, Köln 2002
Aufzeichnungen von Hartmut Warnke
Fotos Heimatarchiv Worringen

Manfred Schmidt, Juli 2015