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Geschichtsdokumente - „Ein außergewöhnliches Gefäß der Römerzeit“
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Worringen ist in Hinsicht auf seine historische Entwicklung sowie das kleinstädtische niederrheinische Gepräge einer der interessantesten Stadtteile Kölns. Aus Worringen und seiner Umgebung sind zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Fundstellen bekannt. Eine größere Anzahl römischer Fundstellen zeugt von der Bedeutung des Ortes im 1. bis 4. Jahrhundert nach Christus. So lassen Architekturfunde die Existenz römischer Gutshöfe mutmaßen. In der Worringer Gemarkung waren mindestens zwei Gutshöfe (villae rusticae) mit kostbarer Gebäudeausstattung. Der eine lag am südlichen Innenrand des Worringer Bruchs in der Flur Eispol (Espel), der andere nördlich des Further Weges, beiderseits der Bahntrasse Köln - Neuss.
Der Wohlstand, in dem die Besitzer dieser Anlagen lebten, machte es wahrscheinlich, dass der Reichtum nicht allein auf der Landwirtschaft beruhte. Es handelte sich entweder um begüterte römische Bürger der Provinzhauptstadt Köln - Colonia Claudia Ara Agrippinensium (kurz Colonia Agrippina, auch CCAA, „Claudische Kolonie und Opferstätte der Agrippinenser“ frei übersetzt) oder um die Besitzer der Ziegeleien des näheren Umlandes. Dort befanden sich mehrere Ziegeleien, welche die Auenlehme als Rohstoff nutzten und ihre Erzeugnisse über den Rhein kostengünstig verhandeln konnten.
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde in einem Grab entlang der Straße „Zu den Bendengärten“ ein eindrucksvoller konischer Becher (später „Worringer Becher“ genannt) mit reichen figürlichen Darstellungen (Venus und Amor in einer Weinschänke) gefunden, ein Prunkstück römischer Handwerkskunst aus dem 3. / 4. Jahrhundert. Im Jahr 1881 wurde der „Worringer Becher“ - aus farblos-durchsichtigem Glas gefertigt - mit einem hohen kunsthistorischen Wert aus dem Besitz des Kölner Kunstsammlers Franz Carl Damian Disch (* 1821, + 6. November 1880 in Köln - Gastwirt und Hotelbesitzer des Hotels Disch, seit 1928 / 1930 Verwaltungsgebäude der Stadt Köln, Disch-Haus) auf einer Auktion des Kunsthauses H. Lempertz´ Söhne - Köln für den höchsten Preis von 8.000 Goldmark an den Kunsthändler Hoffmann - Paris versteigert. Danach befand sich der „Worringer Becher“ im Besitz des russischen Diplomaten Graf Alexandre Petrovic Basilewsky (* 1829, + 1899) - Paris, Kunstsammler und Mäzen, und ging später an das „Toledo-Museum of Art“ in Ohio - USA. Dort wird er nunmehr als „THE WORRINGEN BEAKER“ geführt.
Hauptmotiv des Bechers sind Venus, die Göttin der Liebe, der Anmut und des Liebreizes, sowie Amor, der Gott der Liebe, dazu ein mehrstöckiges Wohnhaus mit Schänke. Die Szene spielt am Ufer des Tibers in Rom, genauer gesagt, am Fuß des Hügels Palatin, nicht weit weg von den Tempeln Juno und Jupiter, die im Hintergrund zu sehen sind. Der Glasschleifer hat sich mit Sorgfalt bemüht, allerlei Details greifbar wiederzugeben. Die Umrisse der Figuren und Gegenstände sind flach geschliffen, ebenso die Augen und Hände, während alle übrigen Flächen mattiert wurden.
In der Auktion wurde irrtümlich als Fundort Bonn angegeben sowie folgender Hinweis im Katalog angezeigt:
Versteigerung Los- Nr. 1361 vom 12. Mai 1881
„Becherförmiges, durchweg gravirtes Glas, mit einem unteren und oberen Ornamentband, zwischen denen streng stilisirte Costümfiguren und Engel sich in lebendiger Gruppirung vor einer dem Anscheine nach frühchristlichen Architectur bewegen. Die eine Scene scheint ein Opfer, die andere einen Empfang darzustellen. Aeusserst seltenes Glas von hoher Bedeutung. Intakt erhalten.“
Literaturquelle
Dr. Fritz Fremersdorf: „Die römischen Gläser mit Schliff, Bemalung und Goldauflagen aus Köln“ , Köln 1967
(Leiter der Römischen und Germanischen Abteilung des Wallraf-Richartz-Museums 1923 - 1946, Direktor des Römisch-Germanischen Museums 1946 - 1959)
Abbildungsnachweise
Worringer Nachrichten Nr. 3 / November 2018
aus privater Sammlung
Bericht: Manfred Schmidt
heimatarchiv-worringen.de/September 2019