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Wussten Sie schon … ?


Wer am höchsten hing, hatte am meisten gesündigt.

Die Worringer Blutgerichtsstätte - der Galgenberg

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Für uns hat heute eine Richtstätte mit einem Galgen nur noch eine epochale Bedeutung, allerdings keineswegs von untergeordnetem Wert. Der historisch interessierte Bürger würde es sicherlich begrüßen, wenn der Worringer Galgenberg und dessen Umgebung seiner Bedeutung entsprechend gestaltet, mit einem Rundweg umgeben und mit einer Gedenktafel versehen würde. Es ist kaum verständlich, dass der gegenwärtige Eindruck des Galgenberges wenig von der überlieferten Bedeutung einer mittelalterlichen Richtstätte vor den Toren des verbürgten geschichtsträchtigen Ortes Worringen (wie die größte und blutigste Ritterschlacht des Mittelalters auf rheinischem Boden zwischen Worringen und Fühlingen westlich der heutigen Neusser Landstraße am 5. Juni 1288) spüren lässt. Leider ist diese Reflexion bisher ungehört verhallt.
                                  
                              Übersicht der rheinischen Gaue

Verwaltungsmäßig gehörte die Grundherrschaft Worringen seit 1323 durch Besitznahme des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten in seiner Funktion als Landesherrn von Kurköln zum Amt Hülchrath, eine wohl im 13. Jahrhundert im Zuge der Entstehung der Territorialstaaten gebildete Verwaltungseinheit mit dem Sitz auf der Niederungsburg Hülchrath (Holkerode, Hülckeraid), in dem der frühere Gillgau, Untergau des Kölngau, aufgegangen war. Verwaltet wurde das Amt von einem adeligen Amtmann, der dem Erzbischof bzw. der Hofkammer in Bonn verantwortlich war. Ihm stand ein meist bürgerlicher Vogt als Gerichtsbeamter zur Seite. Im 18. Jahrhundert bestand das Amt Hülchrath u. a. aus dem Dingstuhl Hülchrath, Dingstuhl Rommerskirchen und Dingstuhl Esch auf dem Griesberg sowie einigen Unterherrschaften, wozu auch die „Herrlichkeit Worringen“ gehörte. Das Gerichtswesen wurde erst 1537 geordnet. Bis dahin waren Verfassung und Organisation der Gerichte vom geschriebenen Recht frei.

Das Worringer Gericht war ein Hochgericht mit Blutbann. Die Gerichtsbarkeit der „Herrlichkeit Worringen“ bildete eine eigene Gerichtsstätte samt Galgen und Hofgedinge (Hofgericht) auf dem Fronhof, an dem die Schöffen in Strafsachen zu Gericht saßen. Während die niedrige Gerichtsbarkeit sich über geringere Straftaten und private Rechtsstreitigkeiten, wie z.B. über unrechtes Maß und Gewicht, Störungen des gemeindlichen Friedens, Schuldsachen und Erbschaftsangelegenheiten, Verstöße gegen Besitzrechte und kleine Tagesdiebstähle, beschäftigen musste, verhandelte die Hochgerichtsbarkeit mit Mord, Totschlag und schwerem Diebstahl.
                                                              
                                                                                   Fronhof, Eingangstor um 1930

An der Spitze der Gerichtsorganisation in der „Herrlichkeit Worringen“ stand der Schultheiß (auch „Greve“ genannt). Zum Gericht gehörten weiterhin Scheffen (Schöffen), ein Gerichtsschreiber und ein Gerichtsbote. Dem Gericht war zur Pflicht gemacht, alle 14 Tage zusammenzutreten. Die Gerichtsprotokolle wurden in einer sog. „Scheffenkiste“ feuersicher aufbewahrt. War der Galgen äußeres Zeichen der Hochgerichtsbarkeit, so zeugt Anfang des 17. Jahrhunderts die in einem Weistum für die „Herrlichkeit Worringen“ (Bann und Fried des „gerichts Woringen“ und dessen „weisthum per georgium burbuch praetorem scriptum“), im sog. „Boorbuch“ (Bauernbuch), überlieferte Regelung (Ordnungen, Gewohnheitsrechte, Nachbarrechte und Beweidung des Chorbusches, das Wegerecht einschl. der Bestimmungen über die Instandhaltung der Wege, die Rechte und Pflichten der domkapitularischen Höfe) von den Gerichtskompetenzen.
                                       
 
Die Herrschaftssitze im Mittelalter hatten alle Richtstätten, vielfach Hügel oder kleinere Bergkuppen, auf denen die Bestrafung nach einem Richterspruch vollzogen wurde. Der zur „Herrlichkeit Worringen“ gehörende Galgen stand auf einer auffälligen Bodenerhebung zwischen Worringen und Fühlingen unmittelbar westlich der Neusser Landstraße, wo es noch heute im Volksmund „Am Galgen“ heißt, unweit der ehemaligen Gaststätte Minney. Er lag an einer exponierten Stelle, erhöht und gut sichtbar für die eigene Bevölkerung und natürlich auch für Durchreisende. Die Einrichtung sollte von Vergehen und Verbrechen im betreffenden Hoheitsgebiet abschrecken. Der Galgen war aus Holz gezimmert, wegen Witterungsschäden musste er häufig erneuert werden. Noch am 3. Juli 1772 ordnete das Domkapitel die Aufrichtung eines neuen Galgens an.
                                        

Die Hinrichtungsstätten waren Orte des Grauens. Die Leichname der Hingerichteten durften nicht in geweihter Erde - also auf den Kirchhöfen - beerdigt werden. Sie wurden daher direkt unter dem Galgen verlocht.
Der Worringer Galgenberg befand sich oberhalb einer am „Worringer Bruch“ ansteigenden Flussterrasse, entstanden durch die Sedimentation von transportiertem Gesteinsmaterial aufgrund der abnehmenden Transportkraft des Flusses im ehemals mäandrierenden Rhein. Die Rinnenmulden der alten Wasserläufe sind bis heute feststellbar. Der Hügel konnte aber auch eine von Menschenhand für den Galgen geschaffene auf einer bereits vorhandenen Flussterrasse aufgeworfene Anhöhe sein. Auf vielen historischen Topografien sind die Standorte der einstigen Galgenstätten kartiert. Manchmal werden diese Orte nur durch standardisierte Symbole gekennzeichnet, die der Forschung lediglich die Lage, nicht aber das einstige Aussehen dieser Plätze überliefern. Der Kölner Kunstmaler und Kupferstecher Abraham Hogenberg (Hooghenbergh) zeigt um 1610 in seiner Umgebungskarte einen Galgen südlich von Worringen sowie einen ähnlichen in Wesseling und Rondorf. Die sichtbaren Galgen wurden im Rheinland Ende des 18. Jahrhunderts im Zuge der Aufklärung, spätestens aber mit der Franzosenzeit niedergelegt.

Literaturquelle
Katholische Kirchengemeinde St. Martinus Esch und Dorfgemeinschaft „Greesberger“ Esch: „Esch am Griesberg 989 -1989“, Köln-Esch 1988

Abbildungsnachweise
Stadtkonservator Köln, Archivmaterial (StKK)
https://de.wikipedia.org/wiki/Richtstätte
aus privater Sammlung

Bericht: Manfred Schmidt

heimatarchiv-worringen.de/August 2020